Dieser Text ist für all die Sanften unter euch.
Für all die sensiblen Träumer, die ständig an sich zweifeln.
Für all die grossherzigen, mitfühlenden Menschen da draussen.
Sanft zu sein in einer von Coolness, Schein, Leistung, Macht, Neid und der Gleichen geprägten Gesellschaft, kostet ganz schön viel Mut.
Sein Herz offen zu halten, obwohl immer wieder Leute kommen, welche deine Sanftheit mit Füssen treten, kostet viel Energie.
Deine Gutherzigkeit nicht zu verlieren, obwohl du immer wieder ausgenutzt wirst, braucht einiges an Substanz.
Mitfühlend zu sein in einer Welt, in der die Folgeerscheinungen des Mangels, Menschen zu neidischen, missgünstigen, verlogenen und hinterhältigen Individuen werden lässt, hinterlässt nach so manchem Kontakt mit Menschen ein mulmiges Gefühl.
Zum Glück durfte ich im Laufe meines Lebens schon ganz viele dieser sanften Wesen kennen lernen. Alle samt haben sie eine oder meist mehrere Strategien entwickelt, wie sie in dieser Gesellschaft existieren können ohne daran kaputt zu gehen.
Manche haben einen richtig guten, gesunden Weg für sich gefunden, andere haben sich komplett verschlossen, andere gehen den Weg der (Selbst-) Zerstörung, bei vielen ist es eine Mischung aus allem.
Auf den Sanften wurde schon seit jeher rum getrampelt. Mit denen kann man’s ja machen, die geben so wunderbar Angriffsfläche mit ihrem weichen Kern. Kein Wunder gibt sich so manches zarte Pflänzchen nach aussen stark und souverän, tut nach aussen so, als könnte nichts und niemand ihm etwas anhaben. Abgebrüht zu wirken, schützt gar nicht mal so schlecht vor den gesellschaftlichen Trampeltieren, denn auf Menschen welche sie auf Augenhöhe einstufen, trampeln sie nicht rum, das könnte ja Ärger geben. Lieber auf einem zarten Gewächs rum trampeln, das wehrt isch bestimmt nicht oder fängt im Idealfall sogar an zu weinen. Jackpot ein Weichei!
Unterliebte Menschen, zerstören lebendige Herzen, weil sie es nicht ertragen können, dass andere den Mut haben ihr Herz offen zu halten.
Vor allem wenn ich mir unsere Zukunft (damit meine ich unsere Kinder) anschaue, sticht es mich im Herzen. Sich in dieser mehr als verwirrenden Zeit noch wirklich zu spüren, ist eine echte Herausforderung.
Da kommt eine Generation die noch viel sanfter ist, als die Vorangegangenen.
Da sind diese sensiblen Jungs, die den Zugang zu ihren Herzen noch hätten, denen nicht gestattet wird aus dem Herz heraus zu handeln. Würden sie dies tun, müssten sie sich einiges an Gelächter und Spott von ihren Kollegas, Vorgesetzten und ganz besonders traurig von ihren Eltern anhören.
„Besch so en Pussy Alter!“, „Besch voll’t Schwuchtle Mann!“, „besch en Ma oder was’“ und und und der bösartigen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Und dann sind da diese beeindruckend weiblichen, jungen Frauen. Sie haben eine so wundervoll fühlende Anlage, vieles was wir uns zurück holen mussten, fliesst bei ihnen schon mit einer beneidenswerten Natürlichkeit.
Würden sie sich jedoch in ihrer vollen Weiblichkeit zeigen, müssen sie damit leben, nicht ernstgenommen und belächelt zu werden.
Denn auch eine gestandene Frau zeigt keine Gefühle und hat ihre Emotionen zu 100% im Griff, spricht, arbeitet und verhandelt wie ein erfahrener Geschäftsmann, so bringt sie sich auf Erfolgskurs und darum geht’s ja angeblich im Leben, erfolgreich zu sein im Beruf.
Wirklich Mensch zu sein, ist in unserer Gesellschaft tatsächlich kein Spaziergang. Ihnen wird Scheinfreiheit und Scheintoleranz vorgegaukelt obwohl das Gefängnis in welchem sie leben, wieder enger und enger wird.
Weder diese feinfühligen Jungs noch die mitfühlenden Mädchen dürfen wirklich zeigen wie sie fühlen, das führt zu ganz viel Frust.
Dieser wiederum zeigt sich in ganz unterschiedlichen Gesichtern.
Die einen zeigen sich aggressiv, pöbeln rum.
Andere zeigen sich ganz brav und angepasst und verlieren darüber ihr lachen.
Wieder andere beginnen mit der Betäubung bereits im frühen Jugendalter.
usw.
Funktionieren soll der Mensch gefälligst!
Aber funktionieren, wird den Menschen niemals glücklich machen.
Funktionieren macht den Menschen auf Dauer traurig und sonst gar nichts.
Wieso wohl sind in unserer Gesellschaft so viele krankhaft traurig? Und das schon im Jugendalter?
Mit unserer Gesellschaft läuft so einiges falsch!
So wird es halt hingenommen, dass:
– 15 jährige ein Burnout haben.
– sich 17 jährige umbringen weil sie keinen Sinn im Leben sehen.
– sich 18 jährige zu Tode hungern um zu gefallen.
– sanfte Geschöpfe verprügelt werden, weil sie nicht der Norm entsprechen.
– feinfühlige Menschen an ihren Betäubungsversuchen sterben.
usw.
Wann hören wir damit auf, die Sanftheit mit Füssen zu treten?
Wann fangen wir damit an, uns selbst und unsere Mitmenschen mit unseren Herzen zu umarmen?
Es gibt Tage, da kann ich all das und noch viel mehr, nicht ertragen!
Ja ich bin eine von denen, von diesen unverbesserlichen Träumern.
Ich bin eine von denen, die ihre Mitmenschen fühlen kann, egal ob die entgegengebrachte Energie angenehm ist oder im Herzen sticht.
Ich weiss ganz genau wie es sich anfühlt unterschätzt zu werden, einfach weil mir Angeberei nicht liegt.
Ich weiss wie es sich anfühlt, belächelt zu werden, weil Menschen lediglich meine äussere Erscheinung wahrnehmen können.
Ich weiss wie es sich anfühlt, wenn dich Menschen die dir eigentlich wichtig wären, dich nicht sehen (wollen).
Ich weiss wie sich der Alltag eines hypersensitiven Menschen anfühlt.
Und ja, ich weiss, dass es manchmal die einfachste Strategie ist, nichts mehr fühlen zu wollen. Nobody is perfect!
Und doch versuche ich mein Herz offen zu halten, denn mit meinen bald 47 Jahren auf dem Buckel weiss ich, dass nur wenn wir uns von Herz zu Herz begegnen, wir uns wirklich begegnen. Und ehrlich gesagt ist mir meine Zeit mittlerweile für alles andere zu schade!
Ich weiss, ich bin sowas von unperfekt, ein emotionaler Chaot! Aber mein Herz ist lebendig und sitzt genau da wo es hingehört. Ich habe gelernt sanft zu sein.
Sind wir mit uns selbst nicht so streng, ist sanft sein gar nicht mehr so schwer.
Lasst uns liebevolle Unperfekties sein.
Lasst uns über uns selber lachen.
Lasst uns unsere eigene Sanftheit und die der anderen küssen.
Wahine… Zeit um sanft zu sein.